Webinar-Software ist so jung nicht. Die ersten Produkte kamen vor 30 Jahren auf den Markt, sind also älter als viele ihrer Anwender. Doch erstaunlicherweise ist die didaktische und methodische Qualität von Webinaren nach wie vor – nun ja – unterirdisch. Dabei weiß man eigentlich schon länger, wie es geht. Oder etwa nicht? Schauen wir uns das Thema etwas genauer an.
Kleine Vorbemerkung: Wenn wir hier von Webinaren besprechen, meinen wie keine Online Meetings, Online Konferenzen oder Online Partys, sondern (Live) Online Schulungen.
Keine Lust auf online lesen? Lade hier den Warum klassische Webinare nicht mehr ausreichen herunter.
1. Worum es geht
Erinnerst du dich noch an das letzte klassische Webinar, an dem du teilgenommen hast? Wahrscheinlich saßt du mit einem Kaffee in der Hand vor dem Bildschirm, hörtest dem Vortragenden zu und kämpftest gegen die Versuchung, nebenbei deine E-Mails zu checken. Keine Sorge, du bist nicht allein! Klassische Webinare haben einen entscheidenden Haken: Sie sind oft eintönig und passiv.
In einer Welt, in der Netflix, TikTok und Co. uns mit interaktiven und fesselnden Inhalten verwöhnen, reicht ein einfacher Vortrag im virtuellen Raum einfach nicht mehr aus. Doch zum Glück gibt es mittlerweile viele kreative Ansätze, um das (Live) Online Lernen interaktiver und spannender zu gestalten. In diesem Artikel erfährst du, warum klassische Webinare ausgedient haben und welche Alternativen es gibt.
2. Warum klassische Webinare nicht mehr mithalten können
Klassische Webinare sind in der Regel linear aufgebaut: Ein Experte spricht, die Teilnehmer hören zu, und am Ende gibt es vielleicht noch eine kurze Fragerunde. Die Liste der Schwächen von klassischer Webinaren ist lang, sehr lang. Wirf einen Blick auf die wichtigsten Schwachstellen. Sicher begegnen dir viele „alte Bekannte“:
- Passives Lernen: Die Teilnehmer sind oft nur Konsumenten und nicht aktiv beteiligt.
- Mangelnde Interaktion: Wenn keine Fragen gestellt werden können oder keine Umfragen eingebaut sind, fühlt sich das Publikum schnell ausgeschlossen.
- Eintönigkeit: Monologe ohne visuelle oder interaktive Unterstützung führen schnell zu Langeweile.Viele Webinare bestehen aus endlosen Vorträgen ohne Interaktion, was Zuhörer schnell ermüden lässt.
- Zu lange Dauer: Viele Webinare ziehen sich über 90 und mehr Minuten ohne Pausen, was die Aufmerksamkeitsspanne der Teilnehmer überstrapaziert.
- Langweilige Folien: Überladene PowerPoint-Folien mit viel Text und wenig visuellem Reiz machen es schwer, dem Inhalt zu folgen.
- Monotone Sprecher: Langsame, leise oder emotionslose Sprecher können selbst spannende Themen dröge erscheinen lassen.
- Technische Probleme: Schlechte Audioqualität, verzögerte Präsentationen oder Verbindungsprobleme rauben den Teilnehmern die Geduld.
- Kein klarer Mehrwert – Viele Webinare liefern wenig neue Erkenntnisse oder sind reine Verkaufsveranstaltungen, was Teilnehmer frustriert.
Studien zeigen, dass passives Zuhören nicht ausreicht, um Informationen nachhaltig zu verankern. Das Gehirn braucht Stimulation und Herausforderungen, um wirklich zu lernen. Wie das geht? Schau dir einige Beispiele an.
3. So wird Online-Lernen interaktiver
Es gibt viele Tools und Methoden, um Online-Lernen spannender zu gestalten. Hier sind einige Ansätze, die klassische Webinare ablösen können:
- Edutainment statt Frontalunterricht
Mische Lerninhalte mit unterhaltsamen Elementen wie Storytelling, Memes oder spielerischen Challenges, um das Interesse hochzuhalten. Gestalte diese Lerninhalte auch optisch attraktiv, abwechseln und unterhaltsam.
- Gamification
Mithilfe von spielerischen Elementen können Lerninhalte motivierend vermittelt werden. Ob durch Quizze, Punkte, Abzeichen oder kleine Wettbewerbe – Gamification fördert die aktive Teilnahme und erhöht den Spaßfaktor. Ein sehr gutes Werkzeug für derartige Gamification-Elemente ist Kahoot.
- Live-Interviews & Experten-Talks
Lade Überraschungsgäste oder Experten aus der Praxis ein, die in einer lockeren Frage-und Antwort-Session spannende Insights passend zum Lernthema geben. „Gute Idee, aber die Experten kosten Geld, das ich nicht habe“ wirst du jetzt sagen. Gemach, gemach. Natürlich kostet zum Beispiel ein französischer Sternekoche, den du für deinen Online-Kochkurs gewinnen willst, viel Geld. Versuch es doch einfach etwas kleiner. Sprich den Koch aus deinem Lieblingsrestaurant an. Der macht da sicher gerne mit.
- Live-Umfragen & Abstimmungen mit Überraschungseffekt
Nutze Tools wie Mentimeter oder Slido, um spontane Abstimmungen zu aktuellen Themen oder Meinungsumfragen durchzuführen. Bette die Ergebnisse in deine Inhalte ein.
- „Fishbowl“-Diskussionen oder Hot Seats
Lasse einige Teilnehmende aktiv diskutieren, während andere zuhören – und dann dynamisch die Rollen wechseln. So bleibt das Lernen interaktiv und spannend.
- Virtuelle Breakout-Sessions:
Statt 100 Teilnehmer gleichzeitig anzusprechen, können sie in kleinere Gruppen aufgeteilt und in Breakout-Gruppen gesendet werden. So entstehen intensive Diskussionen und ein persönlicher Austausch.
Auf diese Idee brachte mich Elliott Masie während eines Keynote-Vortrags auf der Learntec zweitausendirgendwann. Es waren 100 bis 150 Zuhörer im Raum, als Elliott sie plötzlich aufforderte, sich mit einigen Personen aus der nächsten Umgebung spontan zu kleingruppen zusammenzuschließen und eine bestimmte Frage fünf Minuten zu diskutieren. Was auf der Learntec geht, geht auch in Zoom, MS Teams, WebEx und Co.
Oder warum nicht einfach mal ein World Café ausprobieren. Geht in Präsenz, geht auch Online.
- Interaktive Whiteboards:
Tools wie Miro, Microsoft Whiteboard oder Mural erlauben es, gemeinsam an Ideen zu arbeiten, Skizzen zu erstellen und Gedanken festzuhalten. Dadurch wird das Webinar zu einem kreativen Workshop.
- Videos & Augmented Reality:
Multimediale Inhalte lockern Präsentationen auf. Augmented Reality ermöglicht es sogar, Lerninhalte erlebbar zu machen – ideal für Schulungen im technischen Bereich.
- Kosteneinsparungen & Skalierbarkeit: Blended Learning als schwäbischer Erfindung? Wenn es aufwändiger ist, dann ist auch Sparen angesagt. Und das klappt: Unternehmen und Bildungseinrichtungen können Reisekosten reduzieren und Lernangebote für größere Zielgruppen bereitstellen. Außerdem kann man durch die eingebaute Transferphase sofortigen Nutzen generieren.
- Individuelle Anpassungsmöglichkeiten; Blended Learning kann alles sein, von Essen à la Carte bis zum Buffet, bei dem sich die Tische biegen. Entsprechend können auch Lernende wählen und Inhalte und Lernwege an ihre Bedürfnisse anpassen. Dies seigert die Motivation und den Lernerfolg.
4. Ein wichtiger Erfolgsfaktor
Diese Beispiele könnten beliebig erweitert werden. Doch wir müssen noch einen wichtigen Punkt besprechen.
Vermutlich sitzt du jetzt nämlich da und denkst dir „Dafür habe ich im Webinar doch gar keine Zeit, ich muss Inhalte vermitteln.“ Glaubst du wirklich, dass du Inhalte vermittelst, wenn sich deine Teilnehmer mit E-Mail, Tetris oder Büroschlaf vergnügen? Nö, Du redest gegen eine Wand. Reduziere die Inhalte auf das absolut notwendige. Erstelle ein kleines Skript mit den Fakten, dass die Teilnehmenden vorher lesen sollen, und nutze die Zeit im Webinar für interaktive, spannende und unterhaltsame Methoden. Jetzt denkst du dir wahrscheinlich: „Das lesen die Teilnehmenden doch eh nicht.“ Nö, falls es sie nicht interessiert. Dann werden sie dir in deinem Webinar aber auch nicht zuhören.
Also, hab‘ den Mut zur Umgestaltung deiner Webinare: Überflüssige Inhalte raus, Spannung und Unterhaltung rein, damit die verbliebenen Inhalte auch wirklich hängen bleiben.
5. Fazit
Klassische Webinare haben ihren Zweck erfüllt, doch in der heutigen Zeit braucht es mehr, um Lernende wirklich zu erreichen. Interaktive Formate bieten nicht nur mehr Abwechslung, sondern sorgen auch dafür, dass das Gelernte im Gedächtnis bleibt. Also: Schluss mit passivem Zuhören – es ist Zeit, das Online-Lernen neu zu erfinden!
Hast du bereits an einem interaktiven Online-Training teilgenommen? Erzähle uns von deinen Erfahrungen in den Kommentaren!
Wie sind deine Erfahrungen mit Live Online Trainings? Schreib’s in die Kommentare!
Lernende Grüße aus dem Rheinland
Konrad Fassnacht